Sabbaticals – ein radikaler Ansatz?
Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihr Leben unterbrechen und sich Zeit nehmen, um mehr mit sich selbst in Kontakt zu kommen. Das ist genau das, was der berühmte Designer Stefan Sagmeister alle sieben Jahre macht. Er hat 2009 einen TED-Vortrag gehalten, der schon damals mein Interesse geweckt hat. Inspiriert von seinem radikalen Ansatz, beschloss ich, selbst mit Sabbaticals zu experimentieren.
In dem TED-Vortrag erklärt Stefan, warum und wie er ein Sabbatical nimmt: Er schließt im Grunde sein Studio und hinterlässt eine einfache Nachricht auf seinem Anrufbeantworter: „Ruft in einem Jahr wieder an!“ Wenn ich mich nicht irre, sollte er sich gerade auf seinem nächsten Sabbatical befinden – in Madrid, Buenos Aires und Guadalajara, Mexiko.
Sein TED talk lohnt sich:
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Weitere InformationenMein weniger radikaler Ansatz
Ich hörte damals diesen Vortrag und hielt ihn für eine brillante Idee. Als ich noch am Anfang meiner eigenen Karriere bei der Daimler Society & Technology Research Group stand, hoffte ich, eines Tages etwas Ähnliches tun zu können. Alle sieben Jahre eine Auszeit von der Arbeit zu nehmen, um sich wieder mit der eigenen Leidenschaft und Kreativität zu verbinden. Ich fragte mich: Wie würde das für mich aussehen? Könnte ich den Mut finden, etwas Ähnliches zu versuchen?
6 Jahre später habe ich es selbst probiert. Ich wußte, dass ich Stefans sehr radikalen Ansatz ein wenig abwandeln musste. Im Jahr 2015 – bevor ich mein Unternehmen dolaborate GmbH gründete und nach Neu-Delhi, Indien, umzog – schrieben meine Frau und ich eine Liste mit Dingen, die wir schon immer in Europa machen wollten, und fuhren für die nächsten drei Monate los. Wir besuchten Freunde und Familie, wanderten in den korsischen Bergen, feierten Mittsommer in Schweden (natürlich im Regen), besuchten Sizilien, Venedig und Triest. Wir haben es sogar bis nach Rabat in Marokko geschafft (ich weiß, das ist nicht Europa, aber hey…). Unsere vielseitige Reise endete nach vielen weiteren Stopps in Sarajevo.
Jetzt, weitere 9 Jahre später, konnten wir es wieder tun. Diesmal nur für 2 Monate. Nachdem wir 2,5 Jahre in Maputo, Mosambik, gelebt hatten, hatten wir das Bedürfnis, mehr vom südlichen Afrika zu sehen. Dieses Mal war die Reise ein wenig strukturierter: Südafrika, Namibia, Botswana, Simbabwe und schließlich Madagaskar.
Dank großartiger Kollegen
Als ich 2015 losfuhr hatte ich gerade SAP verlassen und war dabei, mein eigenes Unternehmen zu gründen. Es war also einfach, eine Auszeit zu nehmen. Niemand wartete auf mich. Ich musste nur meinen Job ein wenig früher aufgeben.
Dieses Mal hatte ich meine beiden Partnerinnen Susanne & Bernadette von mermaid & broccoli. Sie hätten durchaus sehr unglücklich darüber sein können, dass ich den Schreibtisch verließ und in Gegenden reiste, in denen es keinerlei Internetzugang gab. Ich bin ihnen daher sehr dankbar, dass sie keine Einwände hatten, dass ich auf diese Reise gehe und die zusätzliche Arbeitslast auf sich genommen haben – vor allem, weil sie unsere 11. Welle des -ersten offenen- Transformationsbegleiterprogramms ohne mich starten mussten.
Warum sich ein Sabbatical lohnt
Beide Sabbaticals haben mir etwas gegeben, was ich während meiner Arbeit nicht bekommen konnte – die Chance, innezuhalten, nachzudenken und mich wieder mit dem zu verbinden, was wirklich wichtig ist. Es half mir, mich auf das zu konzentrieren, was ich wirklich tun möchte, was ich gut kann und wie ich ein wenig mehr Magie in meine Arbeit bringen kann. Im Jahr 2015 hatte ich an einem Führungskräftetraining teilgenommen. Eine Session wurde von Tom Chi geleitet. Er ließ uns den Prototyp unseres persönlichen Purpose basteln. Während dieses höchst kreativen Prozesses kamen mir die Worte „Collaboration Magician“ in den Sinn. Jetzt, in meinem Sabbatical, wurde mir klar, wie viel mir diese Worte immer noch bedeuten. Sie fassen recht gut zusammen, was mich antreibt, wenn ich ko-kreative Problemlösungen fördere, Facilitator:innen ausbilde oder Führungskräfte dabei begleite, ihre Organisationen zukunftsfähig zu machen. Ich möchte, dass sie ihre Probleme lösen – aber mit ein bisschen Magie.
(von Dr. Moritz Gekeler)